Herbstwind (Teil 1 / Teil 2 / Teil 3)
[Teil 1]
Sie sieht das Herbstblatt wehen, durch die Straßen hier gehend, New York City im September, Sonnenstrahlen aufnehmend
Auch ihre Haare verwehen auf den Schal, den sie trägt
Es wird langsam frisch, denn es wird langsam spät
Auch wenn sie langsam geht, verfliegt die Zeit rasch
Wenn sie zwischen den Gedanken mal`nen Blick erhascht auf den Park, der den Rahmen ihres Tages erschafft, scheint ihr, als sähe sie die Nähe der anschleichenden Nacht
Doch vielleicht lieg es daran, was sie fühlt, daran, was sie pausenlos sieht, wenn sie die Augen mal schließt
Sie hat entschlossen, ihren Weg zu gehen, wegzugehen
Die Last zurückzulassen für ein besseres Leben
Hat geplant von Anfang an, klar von Anfang an
Sie fängt schon bald´nen neuen Anfang an
Hat sich getrennt von den anderen, hat abgeschlossen mit noch offenen Versprechen und Erwartungen
Sie hat sich alles so genau überlegt und zurechtgelegt und zurecht gefreut über Chancen und Freuden auf diesem Weg
Es ist Zukunft, um die´s ihr letztlich geht
Sie will sich selbst erkennen, selber verwirklichen, hat selber gewählt, diesen Schritt zu tun
Doch zurück in den Park
Ihre Gedanken sind abwechselnd klar und schweifen dann ab
Denn sie denkt an diesen Tag, dieses eine Mal, als sie ihn irgendwie auf einmal sah
Warum muss Schicksal so hart sein?
Sie schmunzelt über sich selbst
Warum kann alles nicht so simpel und geplant sein?
Es war doch nur, um noch mal raus zu gehen und unbeschwert ein letztes Mal die ganzen Leute zu sehen
Hätte sie wissen können, was dann geschah, wäre sie zu Hause geblieben, Telefon ausgemacht, ins Bett und das war´s
Zurecht war er unscheinbar
Sie kamen sich irgendwie nah
All ihre Leute waren gerad´vor´ner Bar
Es war schon spät, sie war schon leicht verdreht
Es war ein nices Gespräch, frei von üblichen, oberflächlichen, faken Sätzen
Wir könn´uns gern setzen
Irgendwo zwischen den Sätzen fand man dann ein viel stilleres Plätzchen
Es war so sanft wie das leiseste Plätschern, kaum zu bemerken wie langsam die Gletscher tauten, Eis wurde zu Bächen
Die Zeit flog an den beiden vorüber
Die nächsten Tage waren kurz wie Sekunden, dennoch inhaltsschwer wie Bücher
Er war ihr Soul-Brother, Soul-Lover, nach ach so kurzer Zeit
Doch sie muss gehen in nur so kurzer Zeit
Den beiden blieb nur so kurze Zeit
Auch wenn man weiß, dass es endet, die Verbindung im Bewusstsein bleibt
[Teil 2]
Er sieht den Herbst beginnen vor den Fensterscheiben, draußen Buchenblätter seine Fenster streifen, drinnen seine Blicke weg vom Fenster schweifen
Innen in ihm drin, Wind endlos kreisen
Sie sprachen über die endlosen Weiten, über äußerlich und innerlich erlebtes Reisen
Sie war, nein, sie ist für ihn wie Indien:
So tief, so fern, so nah, so sehr Traum wie wahr
Wie schön sie war, schön in ihrer Weise und Art
Weise und zart
Er spürt wie sich die Nacht ihm nahte
Denkt nach über das, was er sah, in ihrem Blick reflektiert sich sein eigenes Ich so klar
Kann es sein, dass ich nicht Ich war, bevor ich dich traf?
Oder ist durch dein Fehlen die Leere sichtbarer?
Wie spät es jetzt wohl ist bei ihr?
Rechnet zurück, die Sonne spendet wohl noch Licht bei ihr
Er hat seit Tagen von ihr nichts gehört
Er weiß, sie sucht noch´ne Wohnung, doch was ihn verwirrt, ist, dass sie nicht schreibt, schon seit drei oder vier Tagen
Drei oder vier Mal am Tag schrieb sie bisher ja
Er macht sich selbst ganz verrückt, er lacht, zieht sich zurück von seinem Fensterplatz und lässt die Nacht draußen sein und in ihm drin
Denn um ihn herum ist das Licht nur ganz leicht gedimmt
Er sucht die Nähe von Musik in diesen einsamen Stunden
Melodien kreisen ihn ein in ihren einsamen Runden
Jedes ihrer Worte war Ton einer Symphonie, wie nie hat er Sinn alleine in dem Klingen einer Stimme gefunden
Er kommt sich komisch vor bei dem ersten Akkord
Glaubt er wirklich mit dem fadenden Klang fliegen die Schmerzen fort?
Doch er spielt wieder, schreibt ihr vier Lieder
Die Harmonie spiegeln ihre Harmonie wieder
Doch irgendwo ist die Spannung zu spüren, zwischen den leidenden Tönen deutlich dazwischen zu hören
Der Konflikt – denn er traf sie nicht als Mann, der frei war
Er traf sie als ein Mann, der zu Zweit war
Und eigentlich war er glücklich und happy, gar nicht auf Baggern aus, Trucker Cappy mit T-Shirt und Baggy
Doch wenn man sie trifft, die hinter die Dinge sieht, Fassaden und Mauern durchbricht, erkennt, was verborgen im Herzen Inneren liegt!
Dann will man hilflos und willenlos sein, will sich verlieben
Denn wenn nicht, stirbt ein Teil in einem
Er teilt in einem Herzen Gefühle für zwei
Kein Vor
Kein Zurück
Er drückt Play und schweigt
[Teil 3]
Für die beiden ist der Herbst nur die Zeit, in der sie sich trafen und unbewusst und bewusst für die Sehnsucht entschieden haben
In diesen Tagen, den letzten des Sommers, haben laue Winde bereits ganz leise geflüstert, was lauert, wenn sie verschwinden
Die Kälte, die wir verbinden mit dem Herbst und auch Winter, ist die Kälte, die draußen herrscht und auch Einfluss nimmt auf das Innere
Man wünscht sich dann intensiv, dass die Wärme weiterhin bleib, wenn die Angst vor Einsamkeit langsam entschleicht, die im Sommer schlief
Sie denkt, der Grund aus dem er nicht schreibt, ist vielleicht banal wie Eis auf der Strasse und doch so tragisch zugleich
Denn obwohl man weiß, dass es da ist, man wünscht sich, es wäre fort und zieht Tauwasserpfützen vor, wenn man dem Stürzen so nah ist
Sie wagt nicht, zu sehr zu hoffen, doch auch nicht zu sehr zu zweifeln
Befreit sich von seinem Einfluss, versucht für dich zu entscheiden
Denn beinahe gäbe sie auf, was sie träumte – nur um Gewissheit zu haben, gewiss zu erfahren, ob sie sein Seien nur träumte
Immer weniger schafft sie, Leuten zu leugnen, dass jemand da ist
Doch mit jedem Tag ist klarer für sie, dass es nicht mehr klar ist
Was war es an diesem Mann, was sie heute noch fest umfasst?
Seine Nähe kann es nicht sein
Seit drei Wochen schon kein Satz
Er schweigt in sich selbst, genau wie zu ihr, er friert die Verbindung wohl um die Bindung zu konservieren
Und erklärt sich selbst, dass er nötiger braucht in der kalten Zeit, was sein Geist gefiltert gespeichert hat, als was da ist, vielleicht
Er schweift mit dem Blick vorbei an der Buche
Ertappt sich selbst dabei, seltsamerweise überall Gleichnisse zu vermuten
Er lächelt bei dem Gedanken, er sei wie der Mann da draußen, der die Schönheit all des Schnees ignoriert, um die Wege frei zu schaufeln
Denn insgeheim will man Eis und liebt, wie es glänzt, aber wenn man´s hat wird es einem zu glatt, und es wird verdrängt
Und genau das ist die Essenz, denn er sehnt sich nach Feuer, doch wenn es brennt, ist die Konsequenz ihm zu viel, er sehnt sich nach Vorher
Sie spürt seine Zweifel intuitiv
Doch die Fakten sind klar wie Winterhimmel:
Immer noch kein einziger Brief
Sie entzieht ihrer Seele die Nähe, da durch die Lähmung des Wir-Gefühls auch Wirrgefühle entstehen
Sie kann sich nicht weiter sehen in der Rolle der ständig Hoffenden, wird erneut zur Verschlossenen, auch wenn die Wunden offen sind
Sie opfert sich nicht weiter für seine Launigkeiten auf, sie hört auf, auf ihn aufzubauen, da sein Fundament in der Wärme ihrer Hände taut
Er vertraut zu sehr, dass sie wartet auf ihn
Auf dass er sich klar wird
Auf dass sein Wille ihr klar wird
Auf das, was er sagen wird, auch wenn er es dadurch beendet
Doch sie wartet jetzt nicht mehr
Sie hat vor ihm für ihn beendet
Er wird eines Tages vielleicht erkennen, was er gehen ließ
Unschlüssigkeit als Trockenheit, die die Blume vergehen ließ
Doch Orchideen haben zehn Leben und kein Gefühl ist umsonst
Sie tritt raus in die lauten Straßen New Yorks und spürt, dass der Frühling kommt