Die Irren
Wenn die Irren manchmal nachmittags im Park spazierengehn,
kann man sie in Zweierreihen händchenhaltend hüpfen sehn.
Spielen Maulwurf, spielen Heuschreck, spielen Haschmich, Haschemann,
und sie tupfen sich mit dürren, weißen Irrenfingern an.
Wenn die Irren in der Sonne liegen,
fühln sie ihre Körper durch die Luft fliegen.
Wenn die Irren manchmal nachmittags im Park spazierengehn,
kann man ihre langen Beine durch die Gräser stapfen sehn
Dann befühlen sie sich, heben ab und zu einmal ein Bein,
kauen Gras und feuchte Erde, lallen einen Abzählreim
Zweimal zwei ist drei,
dreimal drei schon einerlei.
Und dann machen sie ein Echo, singen von der Lorelei,
und es zieht an ihren Händen eine ganze Welt vorbei,
und sie fangen ihren Schatten, hängen ihm ein Kettchen um,
beißen auf sehr weichen platten, bunten Kieselsteinen rum.
Zweimal zwei ist drei,
dreimal drei schon einerlei.
Und dann spieln sie Wilder Reiter, manche liegen auch nur da,
denen spinnt sich eine kleine schwarze Kreuzspinne ins Haar.
Manche scharren, manche höhnen, pflastern sich ein Rätsel stumm,
manche stehn wie eine frühchristliche Säule schön herum.
Wenn die Irren in der Sonne stehn,
kann man ihre wunderschönen weißen Körper sehn.
Wenn die Irren dann am Abend dämmern und nach Hause gehn,
kann man neben jedem Irren einen andern Irren sehn.
An der Seite stehen Männer, groß und fett, die kauen stumm
auf der Zunge und an einem Zigarettenstummel rum.
Wenn die Irren aus der Sonne gehn,
kann man endlich wieder seinen eignen Schatten sehn.
Und der Park ist so wie früher, nächtlich schwarz und unverwirrt,
nur ein Irrer blieb zurück. Hat sich im Gehölz verirrt.
Manchmal hört man ihn von weitem, wenn man dort spazierengeht,
seine Schreie, hört sein Klagen, das dann dumpf wird und verweht.
Zweimal zwei ist drei,
dreimal drei schon einerlei.