Du wolltest ein Stück Himmel

Konstantin Wecker

Wie viele Jahre hast du schon
an die Dunkelheit verschwendet!
Für die andern gab es Tag,
doch dich hätte er geblendet.

Dieses Warten, diese Ängste,
und dann doch nur schlechter Schnee.
Der kann niemand mehr erwärmen,
der tut nur noch höllisch weh.

Und jetzt drückst du dir verzweifelt
ein Stück Vene aus der Hand.
Zwei Sekunden voller Licht,
und nichts andres hat Bestand.

Und dann fällst du. Ein paar Fremde
heben dich noch einmal auf.
Sie erkennen dein Gesicht,
und dann geben sie dich auf.

Ach, ich kann dich gut verstehen,
immer hat man dir erzählt,
daß den Menschen statt der Seele
nur Chemie zusammenhält.

Und du wolltest ein Stück Himmel
und bekamst kaum ein Stück Brot,
dafür jede Menge Sprüche.
Besser bist du heute tot.

Dabei wärst du doch so gerne
endlich eigentlich geworden.
Doch die Suche, wenn zur Sucht wird,
kann auch unerbittlich morden.

Meistens trifft es nur die Zarten,
wer verhärtet, scheint zu siegen.
Doch das weiß ich ganz genau:
Du bleibst auch nicht lange liegen.

Vielleicht war es nicht so schlecht,
auf diese Weise zu verschwinden:
Dort, wo du dich jetzt befindest,
kannst du dich viel besser finden.

Ach, ich kann dich gut verstehen,
immer hat man dir erzählt,
daß den Menschen statt der Seele
nur Chemie zusammenhält.

Und du wolltest ein Stück Himmel
und bekamst kaum ein Stück Brot,
dafür jede Menge Sprüche.
Besser bist du heute tot.

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