Leb Wohl, Adieu, Gute Nacht
Hab' den Garderobenschlüssel steckenlassen.
Im Fortgehn seh' ich noch einmal
Durch die verwaisten Bühnengassen
In den großen, dunklen, leeren Saal.
Vor ein paar Stunden bin ich hier gestorben
Vor diesem lauernden, kauernden Tier.
Ich hab's geliebt, ich hab' es umworben
Und es war gut und freundlich zu mir.
Jetzt brennt noch eine düstre Arbeitslampe
Nach all der Scheinwerferpracht.
Ich geh' noch einmal nach vorn an die Rampe,
Leb wohl, adieu, gute Nacht.
Merkwürd'ge Stille und verlass'ne Stühle,
Die Luft ist feucht, warm und verbraucht.
Menschen haben dem Saal ihre Gefühle
Und ihre Wärme eingehaucht.
Ich hab' mich angezündet und gehäutet
In Kaskaden gleißenden Lichts.
Mit euch hat mir der Saal die Welt bedeutet,
Ohne euch bedeutet er nichts.
Jetzt sind dies wieder ganz profane Bretter,
Gleich wird hier der Kehraus gemacht.
Scherben, Papier und ein paar Blumenblätter,
Leb wohl, adieu, gute Nacht.
Ich habe mich heute mit voller Kehle
An euch betrunken und berauscht.
Ich habe heute ein Stück meiner Seele
Für eure Liebe eingetauscht.
Ihr seid zurückgekehrt in euer Leben,
Ich kehre zurück in meins,
Aus diesem Saal, wo wir noch eben
So verschieden waren und doch eins.
Doch einen Schritt auf so verschied'nen Wegen
Haben wir zusammen gemacht
Und kamen einander von ferne entgegen.
Leb wohl, adieu, gute Nacht.
Worte und Lieder sind nun lang verklungen,
Lange verklungen der Applaus.
Sie sind schon ferne Erinnerungen,
Ich bin ein Fremder in dem stillen Haus.
Ich will den Zauber nur noch einmal spüren,
Und finde ihn schon nicht mehr.
Der Plan für morgen hängt schon an den Türen,
Ich gehöre schon nicht mehr hierher.
„Beginn 20 Uhr" kann ich grad noch lesen.
Ich schließ' die Bühnentür ganz sacht.
Heute bin ich hier glücklich gewesen.
Leb wohl, adieu, gute Nacht.